Die Geschichte der Grafschaft Pyrmont und der Stadt Lügde: Unterschied zwischen den Versionen

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Am 4. Mai 1494 verstarb Graf Moritz von Pyrmont und wurde in der Kilianskirche vor dem Katharinenaltar (südliche Seitenapsis) beigesetzt.
Am 4. Mai 1494 verstarb Graf Moritz von Pyrmont und wurde in der Kilianskirche vor dem Katharinenaltar (südliche Seitenapsis) beigesetzt.
Er war mit Gräfin Margarethe von Nassau-Beilstein verheiratet. Um 1420, als Tochter des Grafen Johann von Nassau-Beilstein geboren, war sie in erster Ehe mit Johann von Schöneck-Vianden verheiratet. Sie war rund zwölf Jahre älter als Graf Moritz und dürfte bei der Eheschließung um 1462 bereits 42 Jahre alt gewesen sein. Damit war sie wohl zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Sie trat sehr selbstbewusst auf und stellte auch eigenständig Urkunden aus, was für die damalige Zeit ungewöhnlich war. Wahrscheinlich ist das darauf zurückzuführen, dass sich Gräfin Margarethe durchaus bewusst war, dass aus ihrer Familie Adolf von Nassau, 1292-1298 Deutscher König, stammte. Deshalb hing sie an die von ihr eigenständig ausgestellten Urkunden immer ihr eigenes Nassauer Siegel.
Er war mit Gräfin Margarethe von Nassau-Beilstein verheiratet. Um 1420, als Tochter des Grafen Johann von Nassau-Beilstein geboren, war sie in erster Ehe mit Johann von Schöneck-Vianden verheiratet. Sie war rund zwölf Jahre älter als Graf Moritz und dürfte bei der Eheschließung um 1462 bereits 42 Jahre alt gewesen sein. Damit war sie wohl zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Sie trat sehr selbstbewusst auf und stellte auch eigenständig Urkunden aus, was für die damalige Zeit ungewöhnlich war. Wahrscheinlich ist das darauf zurückzuführen, dass sich Gräfin Margarethe durchaus bewusst war, dass aus ihrer Familie Adolf von Nassau, 1292-1298 Deutscher König, stammte. Deshalb hing sie an die von ihr eigenständig ausgestellten Urkunden immer ihr eigenes Nassauer Siegel.
Noch unter ihrer Regentschaft begann auch die Wiederbesiedlung des sog. „Pyrmonter Berges“, der heutigen [[Geschichte_der_Pyrmonter_Bergdörfer Pyrmonter Bergdörfer]] ([[Neersen]], [[Baarsen]], [[Großenberg]], [[Kleinenberg]] und [[Eichenborn]]), die im 14. Jahrhundert wüst gefallen waren.
Noch unter ihrer Regentschaft begann auch die Wiederbesiedlung des sog. „Pyrmonter Berges“, der heutigen [[Geschichte_der_Pyrmonter_Bergdörfer|Pyrmonter Bergdörfer]] ([[Neersen]], [[Baarsen]], [[Großenberg]], [[Kleinenberg]] und [[Eichenborn]]), die im 14. Jahrhundert wüst gefallen waren.
Am 24. Juni 1498 übereignete sie den Grafen Moritz und Friedrich zu Spiegelberg, die, gegen alle Einsprüche des Fürstbischofs von Paderborn bzw. der von diesem als Erben vorgesehenen Edelherren zur Lippe, die Nachfolge der Grafen von Pyrmont angetreten hatten, ihre Leibzucht an der Grafschaft Pyrmont. Am 26. Juni 1498 ist sie dann verstorben und wurde in der Kilianskirche neben ihrem Mann beigesetzt.
Am 24. Juni 1498 übereignete sie den Grafen Moritz und Friedrich zu Spiegelberg, die, gegen alle Einsprüche des Fürstbischofs von Paderborn bzw. der von diesem als Erben vorgesehenen Edelherren zur Lippe, die Nachfolge der Grafen von Pyrmont angetreten hatten, ihre Leibzucht an der Grafschaft Pyrmont. Am 26. Juni 1498 ist sie dann verstorben und wurde in der Kilianskirche neben ihrem Mann beigesetzt.



Version vom 7. Juli 2024, 16:51 Uhr

Von Manfred Willeke (Lügde/2015) 2016

Die Geschichte der Grafschaft Pyrmont, ihrer Ortsteile und ihrer ehemaligen Residenzstadt Lügde

DIE GRAFSCHAFT PYRMONT

URGESCHICHTE

Die Besiedlung in unserem Gebiet reicht in etwa bis ins 4. Jahrtausend vor Christi Geburt zurück, wie Steingerätefunde belegen. Die damaligen Bewohner entwickelten sich in dieser Zeit von Sammlern und Jägern zu Ackerbauern. Sie legten erste Häuser an und rodeten den Wald. Oberhalb von Bad Pyrmont liegt neben dem Ortsteil Hagen das untergegangene Dorf Plattgersten an einem Abzweig des berühmten Hellweges -von Aachen nach Königsberg-[1]. Hier ist vor Jahren eine alte Steinklinge aus der Jungsteinzeit (4500-1800 vor Chr.) und ein ebenso alter Flintstein aus dem heutigen Belgien gefunden worden.
Zu diesen ersten Bewohnern stießen in der Zeit 2000 vor Christi Geburt kleinere Gruppen kriegerischer Halbnomaden und Viehzüchter aus Mitteldeutschland. Sie brachten schnurverzierte Gefäße (Schnurkeramiker) mit. Aus dieser Zeit stammen auch Funde aus dem Pyrmonter Moor, eine Doppelaxt vermutlich in der Zeit um 2500 vor Chr. entstanden und eine Kugelamphore aus der Zeit 2000-1700 v. Chr. In der folgenden Bronzezeit, 1700-700 vor Christi Geburt, bestatteten die Bewohner ihre Angehörigen in Hügelgräbern, von denen sich bis heute viele erhalten haben. Später wurden die Verstorbenen verbrannt und in Tongefäßen/Urnen beigesetzt. Eine solche Urne, aus der Zeit des 3. Jahrhunderts nach Christi Geburt, fand sich 1955 bei Bauarbeiten im Bereich der Rosenstraße in Lügde. Die Urne stammt, wie von der Außenstelle des Landesmuseums in Bielefeld festgestellt wurde, aus einer römischen Töpferei in Rhein-Zabern.

Die Herlingsburg, Ansicht von Eschenbruch.
Foto: Manfred Willeke
Die Herlingsburg, Ansicht von Osten.
Foto: Manfred Willeke

Der wichtigste vorgeschichtliche Punkt unserer Gegend ist die Herlingsburg, ein rund 334 Meter hoher Bergkegel oberhalb des Bad Pyrmont/Lügder Talkessels. Ursprünglich befand sich hier eine germanische Burg. Nach Untersuchung verkohlter Hölzer der Wehrbauten sind Teile der Befestigung bereits um 200 vor Christi Geburt entstanden. Mit ihrer 7 Hektar großen Innenfläche ist sie, im Vergleich mit anderen Burgen dieser Zeit, recht klein. Sie konnte von 100 bis 200 Personen verteidigt werden und bot rund 1000 Menschen, die in kleinen Streusiedlungen der Umgegend wohnten, Schutz vor Angreifern. Um diese eigentlich Fliehburg instand zu halten war sie, wie Fund belegen, von einigen Familien durchgängig bewohnt. Schon der bekannte Archäologe Dr. Friedrich Hohenschwert, von 1976 bis 1986 Direktor des Landesmuseums in Detmold, vermutete hier u. a. den Sitz eines germanischen Edelings. Er schreibt dazu: „Die Herlingsburg kann, weil sie tiefer im Siedlungsgebiet der Cherusker liegt, eher die Burg eines cheruskischen Stammesfürsten gewesen sein, als die Grotenburg bei Detmold. Vielleicht war sie sogar einer der Plätze, an dem Arminius seine Mitstreiter versammelte.“ Nach einer alten Sage ist Arminius in der Herlingsburg gefangen, bis er einst glorreich wieder hervortritt. Damit gehört die Herlingsburg in die Reihe jener berühmten Deutschen Berge, wie z. B. der Kyffhäuser, in dem Friedrich Barbarossa eingeschlossen ist.

Nach der germanischen Zeit verfiel die Burg und wurde rund 700 Jahre später, im 8. Jahrhundert nach Christi Geburt, als sächsische Stammesburg gegen die vordringenden Franken wieder instand gesetzt. Sie lag strategisch sehr günstig. Danach verlor sie an Bedeutung für die Menschen, blieb ihnen aber stets als geschichtlich wichtiger Ort in Erinnerung. Unterhalb der Burg gibt es auf der Ostseite eine Hochfläche, die „Hovestadt“ genannt, die auch nach dem Verfall der eigentlichen Burg noch eine Weile besiedelt geblieben ist. Bei einer Begehung mit dem bereits erwähnten Dr. Friedrich Hohenschwert, fanden sich Reste sächsischer Grubenhäuser und Siedlungsspuren aus dem 11. und 12. Jahrhundert nach Christi Geburt. Seit der Auffindung von Tacitus Schriften im 16. Jahrhundert, wurde nicht nur der Osning in Teutoburger Wald umbenannt, sondern auch die Herlingsburg in Hermanns/Arminiusburg. Bei der Trennung der Grafschaft Pyrmont 1668 behielten die Grafen/Fürsten zu Waldeck-Pyrmont, über einen schmalen Streifen vom Dorf Hagen zugänglich, große Teile der Burgfläche. Damals glaubten sie, hier habe in grauer Vorzeit die Stammburg der Grafen von Schwalenberg (später Waldeck) gestanden. Manche der alten Forscher machten sogar den sehr fantasiereichen Versuch, die Linie des Arminius bis zu den Schwalenberger Grafen fortzuspinnen. Am 29. November 1921 wurde im Rahmen eines Staatsvertrages zwischen dem Land Waldeck (Bad Pyrmont) und der preußischen Provinz Westfalen (Lügde), das Gebiet des Pyrmonter Bahnhofs (20 Hektar), das zu Lügde gehörte, mit Bad Pyrmont getauscht. Bad Pyrmont bekam den Bahnhof und Lügde als Ersatz ein Waldstück am Mühlenberg (8 ½ Hekar groß) sowie die bis dahin zur Hagener Gemarkung gehörigen Waldungen im Kiefgut und den Pyrmonter Hals=Zugang zur Hochfläche der Herlingsburg bzw. auch dieselbe (insgesamt 20 Hektar).

Die Herlingsburg als uralte Burganlage zog natürlich schon immer auch Forscher und Archäologen an. 1902 grub Professor Schuchardt im Bereich des ehemaligen Brunnens und fand hauptsächlich Scherben aus der sächsischen Zeit um 800 nach Christi Geburt. 1934 machte sich die „Pyrmonter Arbeitsgemeinschaft für germanische Vorgeschichte“, u. a. Erwin Brauß und Förster Melcher, im Auftrag der Vereinigung von Freunden germanischer Vorgeschichte in Detmold daran, verschiedene Grabhügel auf der Herlingsburg zu untersuchen. Die Ausgrabung leitete Museumsleiter Müller-Braul vom Väterkunde-Museum in Bremen. Bei den aufgedeckten Hügeln handelte es sich um Gräber aus der älteren Bronzezeit, also ca. 1700 Jahre vor Christi Geburt. Daneben fanden sich die für den nordwestdeutschen Raum typischen Urnen, eimerförmige Rauhtöpfe, die aus der vorrömischen Eisenzeit (700 vor bis 750 nach Chr.) stammen.
Heute erinnern noch die rund 1800 Meter langen Befestigungsreste/Wälle um die Hochfläche der Herlingsburg an ihre einstige Bedeutung.

DIE GRAFEN VON SCHWALENBERG UND DIE ENTSTEHUNG DER GRAFSCHAFT PYRMONT

Die Grafen von Pyrmont stammen ursprünglich aus dem Haus Schwalenberg. Die Schwalenberger stammen mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Mestremgau zwischen Deister, Leine und Steinhuder Meer. Dazu gehörten auch die Archidiakonate Pattensen und Wunsdorf. Einer der ersten fassbaren Vorfahren der Grafenfamilie dürfte Hermann sein, 1002 u. 1014 als Graf im Tiliti- und Wetigau erwähnt. Im folgte sein vermutlich Sohn Widekind, der 1031 als Graf im Tiliti- und Wetigau erscheint. Ende des 12. Jahrhunderts schufen Graf Widekind von Schwalenberg und Graf Gottschalck von Pyrmont die Grundlagen für die Stiftung des Klosters Barsinghausen (1203). Noch im 13. Jahrhundert hatten die Grafen von Schwalenberg und Pyrmont in ihrem ehemaligen Stammgebiet Besitzungen.

Die Oldenburg oberhalb des ehem. Klosters Marienmünster. Foto: Manfred Willeke

Einer der ersten, bereits 1127 erwähnten Burgsitze der Grafen von Schwalenberg in unserer Gegend ist die Oldenburg. Unterhalb dieser Burg gründeten Graf Widekind von Schwalenberg und seine Frau Luttrudis von Itter im Jahre 1128 das Kloster Marienmünster. Dort ließen sich im Jahre 1137 Graf Widekind und 1178 Graf Volquin von Schwalenberg beisetzen. Ihre eindrucksvollen Grabsteine sind bis heute erhalten geblieben.

Grabstein des 1137 im Kloster Marienmünster begrabenen Grafen Widukind von Schwalenberg

Unterhalb dieser Burg gründeten Graf Widekind von Schwalenberg und seine Frau Luttrudis von Itter im Jahre 1128 das Kloster Marienmünster. Dort ließen sich im Jahre 1137 Graf Widekind und 1178 Graf Volquin von Schwalenberg beisetzen. Ihre eindrucksvollen Grabsteine sind bis heute erhalten geblieben. Mit den Grafen von Schwalenberg verbinden wir heute die Stadt Schwalenberg, die von Graf Volquin II. von Schwalenberg gegründet worden ist und bereits 1231 im Archidakonatsverzeichnis des Bistums Paderborn, als „Oippidum= Stadt Schwalenberg“ erwähnt wird. Die Grafen von Schwalenberg gehörten zu den Parteigängern und Vasallen Heinrich des Löwen, der sich mit dem damaligen Kaiser Friedrich Barbarossa anlegte. Daraufhin verhängte der Kaiser 1180 über Heinrich den Löwen die Reichsacht, so daß dieser -vermutlich 1181- nach England ins Exil gehen mußte. Sein Besitz, u. a. das Herzogtum Westfalen-Engern, fiel daraufhin an den Kaiser, der sich umgehend um den Schutz desselben kümmern mußte, denn schnell keimten hier und da territoriale Interessen auf. Die Gewalt über das Herzogtum Westfalen und Engern übertrug Kaiser Friedrich Barbarossa dem Erzbischof des überaus bedeutenden Bistums Köln, Philipp von Heinsberg. Graf Widekind von Schwalenberg, bisher zur Partei Heinrich des Löwen gehörig, wurde nun Anhänger des Erzbischofs von Köln, der sein neu gewonnenes Herzogtum absichern und schützen mußte. So erklärt sich auch, daß er an der Grenze desselben, im Gebiet des Grafen Widekind von Schwalenberg, von diesem dessen Allod = Eigenbesitz Oesdorf kaufte. Danach baute er 1182/83 entweder eine schon vorhandene Burg der Grafen von Schwalenberg aus oder errichtete eine neue Burg, was sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen läßt. Diese Burg stellte der Erzbischof unter den Schutz des hl. Petrus und nannte sie „Petri-Mons“, also Petersberg. Vermischt mit der uralten Gebietsbezeichnung „Piringismarca“, die erstmals 889 in einer Urkunde König Arnulfs erwähnt wird und nach Prof. Dr. Birgit Meineke auf den germanischen Ursprung hinweist, entwickelte sich daraus der Name „Pyrmont“.

Am 7. März 1184 ließ sich der Erzbischof den Erwerb von Oesdorf und dem „Castrum Perremont“ für die Kirche von Köln, von Papst Lucius III. genehmigen. Wie vermutlich vorher abgesprochen, belehnte der Erzbischof von Köln Graf Widekind von Schwalenberg am 2. April 1184 mit der Hälfte der Burg Pyrmont, die ja in seinem Gerichtsbezirk lag.

Graf Widekind von Schwalenbergs gleichnamiger Sohn nannte sich seit 1187, nach der Burg und dem Gebietsnamen: „Graf von Pyrmont“.

Graf Widekind von Pyrmont nutzte die Burg Pyrmont zunächst als Mittelpunkt, der aus der Gesamtgrafschaft Schwalenberg herausgelösten, neu entstehenden Grafschaft Pyrmont. Zu dieser neu entstehenden Grafschaft Pyrmont, dürften die Dörfer Hiddenhausen (1/2 zu Schwalenberg gehörig), Oster(hagen), Plattgersten, Ubbenbrock, Dodenbrock, Heßel, Lied, Dallhausen, Schleden(hagen), Bruwen = Kleinen- und Großenberg, Thal, Vesper, Löwensen, Oesdorf, Holzhausen, Huckenhausen bei Holzhausen, Brake, Wienkhausen, Holzhausen bei Elbrinxen, Elbrinxen, Sabbenhausen, Ottersen, Wormelte, Hiddenhausen, Dane und später noch die Hagengründungen: Nienhagen, Delmenhagen, Mellenhagen und Wedenhagen gehört haben. Neben der Burg Pyrmont war die 1195 bereits bedeutende Münzstätte Lügde ein wichtiger Mittelpunkt der Grafschaft. Seit 1239 stellten die Grafen hier vermehrt Urkunden aus.

Die Grafschaft Pyrmont um 1400

Graf Gottschalck von Pyrmont (1222-1262 erwähnt) mit seinem Sohn vor der Stadt Lügde, Zeichnung: Kunstmaler Fritz Drewes, Lügde 1952

In dieser Zeit hatten die Grafen von Pyrmont mit dem übermächtigen Erzbischof von Köln, Engelbert von Berg (1216-1225), zu kämpfen, der 1225 ermordet wurde. Sein Nachfolger Heinrich von Mölenark ließ die Expansionspolitik seines Vorgängers zunächst ruhen. Nach seinem Tod setzte sie Erzbischof Konrad von Hochstaden seit 1238 umso stärker fort. Diese Expansionspolitik fand mehrere Gegner, u. a. den Paderborner Bischof Simon zur Lippe (1247-1277). Die Pyrmonter Grafen sahen in dieser Gegnerschaft die Chance, sich endgültig aus der Abhängigkeit des Erzbischofs von Köln zu lösen. Bereits 1242 zählten sie zum gegnerischen Kreis des Grafen Wilhelm von Jülich und damit zur Partei des Stauferkönigs Konrad IV. Die Stauferpartei war zunächst siegreich und die Grafen von Pyrmont ersetzten die Amtsleute und Burgmänner des Erzbischofs von Köln auf der Burg Pyrmont durch ihre eigenen. 1254 zogen Graf Wilhelm von Jülich, der Bischof Simon von Paderborn und ihre Getreuen in einen Kampf gegen den Erzbischof von Köln. Sie unterlagen der Kölner Übermacht und der Bischof von Paderborn geriet sogar in Gefangenschaft. Für die Grafen von Pyrmont hatte der Sieg des Erzbischofs von Köln schlimme Folgen. Dieser entzog ihnen sofort ihre Lehnshälfte der Burg Pyrmont. Um die Grafschaft Pyrmont zu retten, mussten die Grafen von Pyrmont einer Vereinbarung mit dem Erzbischof zustimmen, die ihnen dieser am 23. Juli 1255 diktierte. Dadurch verloren die Grafen einen Teil der Grafschaft Pyrmont und die Hälfte ihres erstmals als Stadt genannten Hauptortes Lügde. Sie durften aber die halbe Burg Pyrmont wieder in (Lehns)Besitz nehmen.

Das Grafenhaus Pyrmont war seitdem geschwächt und die Grafschaft deshalb, weit vom Erzbistum Köln entfernt, eine leichte Beute für benachbarte Territorialherrscher. Edelherr Simon zur Lippe griff deshalb, vielleicht auch aus Rache für die Gefangennahme seines Onkels (Bischof Simon von Paderborn) durch den Erzbischof von Köln, zwischen 1276-1284 in die Geschichte der Grafschaft Pyrmont ein. Er umging die befestigte und damals wohl bereits schwer einnehmbare Stadt Lügde, zerstörte die Burg Pyrmont und besetzte die beiden herrschaftlichen (Meier)Höfe in Oesdorf. Aus dem Besitz der Grafen von Pyrmont eignete er sich Teile des Dorfes Thal, Vesper und andere Güter innerhalb der Grafschaft Pyrmont an, die auch danach im Besitz der Edelherren/Grafen zur Lippe blieben. Ob sich die Grafen von Pyrmont damals nicht zur Wehr setzten, oder ganz und gar den Racheakt der Lipper unterstützten, lässt sich heute nicht mehr klären. Der Erzbischof von Köln beauftragte 1306 den Marschall Johann von Bielstein, für das Erzbistum die beiden herrschaftlichen (Meier)Höfe in Oesdorf wiederzugewinnen, die Simon dem Marschallamt Westfalen „entrissen“ hatte. Einen großen Teil der von Edelherr Simon zur Lippe angeeigneten Besitzungen der Grafschaft Pyrmont konnte der Marschall wohl wiedergewinnen, darunter auch die Ruine der Burg Pyrmont, die allerdings nicht wieder aufgebaut worden ist und eine Ruine blieb.

AUS DER GESCHICHTE DER GRAFSCHAFT PYRMONT 1314 heiratete Graf Gottschalck von Pyrmont Adelheid von Homburg, deren Vater die Überweisung aller anderen Mitglieder des Hauses Pyrmont in den „Geistlichen Stand“ verlangte. So wurden Beatrix Nonne in Wunsdorf und Jutta Nonne in Gandersheim. Für den Fall, dass das Grafenhaus Pyrmont aussterben sollte wurde vereinbart, dass die Grafschaft Pyrmont dann an das Haus Homburg fallen sollte. Vorausschauend gedacht, aber die Homburger starben lange vor den Pyrmontern aus.

Seit 1353 finden wir neben Graf Gottschalck auch den Junker (=Jungen Herrn) Hermann von Pyrmont erwähnt, der nach dem Tod des Vaters vor 1355 die Regierung in der Grafschaft übernahm. Graf Hermann heiratete eine Frau namens Oda, über deren Herkunft bislang nichts weiter bekannt war. Ihr allerdings nicht sehr häufiger Vorname lässt die Vermutung zu, dass es sich um die Witwe des Johannes v. Huckenhausen handelt.

Blick vom wüsten Dorf Hiddenhausen, im Vordergrund, zur Herlingsburg, Foto: Heinrich Brinks ()

In der Regierungszeit von Grafen Hermann trat seit 1347 die Pest in Europa auf. Innerhalb kürzester Zeit starben ganze Dörfer aus. Eine kleine Eiszeit vernichtete die Ernten und innerhalb von ein- bis zwei Generationen gingen in der Grafschaft folgende Dörfer unter: Schleden(hagen), Boltsdorf, Dane, Dallenhausen, Holzhausen bei Elbrinxen, Ottersen, Wienkhausen, Nienhagen, Plattgersten, Vesper, Ubbenbrock, Dodenbrock, Wedenhagen, Delmenhagen, Mellenhagen, Oster(hagen), Sabbenhausen, Großenberg, Brake, Heßel, Lied, Wormelte, Elbrinxen und Hiddenhausen.

Diese Katastrophe schwächte die Grafen von Pyrmont und erneut warfen benachbarte Territorialherrscher ein Auge auf die Grafschaft Pyrmont. In dieser schwierigen Lage stellte Graf Hermann von Pyrmont und sein Bruder Heinrich am 6. September 1360 eine sehr bemerkenswerte Urkunde aus, die ihre politische Schwäche überdeutlich werden läßt. Sie übertrugen (Fürst)Bischof Baldewin von Paderborn, als Vertreter des Fürstbistums und Hochstifts Paderborn, freiwillig und unentgeltlich (!) ihre Hälfte der Stadt Lügde, das Stadtgericht, ihre Stadtmühle und von dem, was sie von ihrem Erbe, d. h. von ihrem Teil der Grafschaft Pyrmont, zur Zeit bewirtschafteten, die Hälfte. All dies erhielten sie vom (Fürst)Bischof als Lehen zurück. Der (Fürst)Bischof bzw. das (Fürst)Bistum/Hochstift Paderborn versprachen den Grafen dafür ihre Hilfe bei der Rückerlangung, der ihnen „abgenötigten Güter“. Die Kosten dafür wollten der (Fürst)Bischof bzw. das (Fürst)Bistum zu zwei Drittel und die Grafen zu einem Drittel tragen. Mit dieser Übertragung retteten die Grafen ihre Grafschaft vor weiteren Übergriffen benachbarter Territorialherrscher, denn einem bedeutenden (Fürst)Bischof -der ja nun Miteigentümer der Grafschaft Pyrmont war- konnte man so schnell nichts „abnötigen“, d. h. ihm etwas wegnehmen und in sein Territorium eingreifen.

1370 bzw. 1371 erwarb der (Fürst)Bischof von Paderborn vom Erzbischof von Köln zunächst pfandweise, dessen 1184 erworbenen Anteile an der Grafschaft Pyrmont bzw. auch der später ausgebauten Stadt Lügde. 1377 gelang es ihnen, diese Kölner Teile endgültig zu erwerben. Somit gehörte die Grafschaft Pyrmont nun ganz zum Fürstbistum Paderborn. Ansonsten griffen die (Fürst)Bischöfe von Paderborn wenig in die Belange der Grafschaft Pyrmont ein.

Ottenstein mit der ehem. Burg Ottenstein, Stich von Matthias Merian 1645

Mit den (Fürst)Bischöfen von Paderborn als Schutzherren an ihrer Seite, gelang den Grafen von Pyrmont ein beispielloser Ausbau der Grafschaft Pyrmont. Am 2. Februar 1393 erwarben Graf Hermann von Pyrmont und sein Sohn Heinrich, für 300 Mark Westfälisches Silber, von Graf Hermann von Everstein -der einst auch ein Auge auf die Grafschaft Pyrmont geworfen hatte (!)- pfandweise das Amt Ottenstein. Dazu gehörten den Flecken (d. h. stadtähnlich) Ottenstein mit Gericht, Burg, Vogteien, die Dörfer Todenbrock bei Lichtenhagen, Hohe, Grave an der Weser und das Dorf bzw. Mühle Sievershagen.

Die Regierung in der Grafschaft Pyrmont übernahm 1420 zunächst Graf Moritz, der sich seit 1442 dieselbe mit seinem Bruder Heinrich teilte. Am 14. Januar 1448 erweiterten die Brüder die Grafschaft Pyrmont erneut. Sie erwarben pfandweise von den Brüdern v. Kanne (in Lügde) deren Hälfte der ehemaligen Eversteiner Burg in Polle, zu der das Weichbild und das Gericht in Polle, sowie weitere, nicht genannte „Zubehörungen“ -wohl die Dörfer Brevörde und Heinsen- gehörten. Damit hatte die Grafschaft die größte Ausdehnung im Mittelalter erreicht und war eine durchaus respektable Herrschaft mittlerer Größe. Der letzte regierende Graf aus dem Hause Pyrmont war Graf Moritz. Da zunächst sein Bruder Heinrich in der Grafschaft regierte, übernahm er am 22. Februar 1466 die Stelle des Stadthauptmannes in Lübeck. Nach dem Tod des Bruders, gab er 1474 diese Stellung auf und kehrte in die Grafschaft Pyrmont zurück. 1477 ließ er die alte Residenz in der Stadt Lügde am Oberen (südlichen) Stadttor etwas umbauen und „zur Bequemlichkeit“ auch ein sog. „Privet“, also einen Abtritt anbauen.

Grabstein des 1494 verstorbenen Grafen Moritz von Pyrmont, ehem. in der Kilianskirche vor Lügde. Zeichnung: Johann Conrad Pyrach, 18. Jahrh.

Am 4. Mai 1494 verstarb Graf Moritz von Pyrmont und wurde in der Kilianskirche vor dem Katharinenaltar (südliche Seitenapsis) beigesetzt. Er war mit Gräfin Margarethe von Nassau-Beilstein verheiratet. Um 1420, als Tochter des Grafen Johann von Nassau-Beilstein geboren, war sie in erster Ehe mit Johann von Schöneck-Vianden verheiratet. Sie war rund zwölf Jahre älter als Graf Moritz und dürfte bei der Eheschließung um 1462 bereits 42 Jahre alt gewesen sein. Damit war sie wohl zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Sie trat sehr selbstbewusst auf und stellte auch eigenständig Urkunden aus, was für die damalige Zeit ungewöhnlich war. Wahrscheinlich ist das darauf zurückzuführen, dass sich Gräfin Margarethe durchaus bewusst war, dass aus ihrer Familie Adolf von Nassau, 1292-1298 Deutscher König, stammte. Deshalb hing sie an die von ihr eigenständig ausgestellten Urkunden immer ihr eigenes Nassauer Siegel. Noch unter ihrer Regentschaft begann auch die Wiederbesiedlung des sog. „Pyrmonter Berges“, der heutigen Pyrmonter Bergdörfer (Neersen, Baarsen, Großenberg, Kleinenberg und Eichenborn), die im 14. Jahrhundert wüst gefallen waren. Am 24. Juni 1498 übereignete sie den Grafen Moritz und Friedrich zu Spiegelberg, die, gegen alle Einsprüche des Fürstbischofs von Paderborn bzw. der von diesem als Erben vorgesehenen Edelherren zur Lippe, die Nachfolge der Grafen von Pyrmont angetreten hatten, ihre Leibzucht an der Grafschaft Pyrmont. Am 26. Juni 1498 ist sie dann verstorben und wurde in der Kilianskirche neben ihrem Mann beigesetzt.


Referenzen

  1. Anmerkung Frank Schlutter: Heute auch als Bundesstraße 1 bekannt