Pyrmont:BesondereEinwohner:TheodorFrancke: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Geschichtliches aus Bad Pyrmont
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=== Aus dem Pyrmonter Kurleben ===
=== Aus dem Pyrmonter Kurleben ===
Nach den Beobachtungen des Dresdner Theodor Francke, in sächsischer Schriftsprache um 1910, veröffentlicht in den Meggendorfer Blättern  
Nach den Beobachtungen des Dresdner Theodor Francke, in sächsischer Schriftsprache um 1910, veröffentlicht in den Meggendorfer Blättern  
Dieses  Friejahr  ist’s  gewäsen
Als  ich  sagen  hört  in  Dräsen
Von  em  alden  Bäderkenner;                                       
„In  Pyrmont  giebts  keene  Männer!“
   
Schnell  macht  ich  mich  auf  de  Reise
Denn  ich  dacht',  Du  steigst  im  Breise,
Freilich,  als  ich  kam  hier  an,
Fand  ich  doch  schon  manchen  Mann.
   
Gleich  am  Bahnhof  —  ach  herjeh  —
War  e  männlicher  Bordjeh,
Dann entdeckt  ich  hinterher
Einen  Dramway—Conductehr‚
Kutschr, Kellner —  und  so  weiter,
Ärzte,  die  curiren  sollen,
Händler‚  die  verkaufen  wollen.
Und dann noch e paar vom  Amt,
Das  is  etwa  insgesamt
Was  an  Männern  exlstierd.
  ——
Nebenbei  sei  constadird,
In der  Firstlichen  Kapelle
30 Männer  sin  zur  Stelle.
Ooch  de  Mimen  dragen  bei,
Daß beläbt  de  Straße_sei,
Kurz,  es  sin  in  allen  Ecken
Herrn  der  Schepfung  zu entdeeken‚
Hat  man  nur  e  bischen  Glick,
Siehd  man  manchmal  gleich  zwee  Stick
Freilich,  Männer,  die  zur  Kur,
Sieht  man  ziemlich  selten  nur,
Weil  de  meisten  leider  äben
Gar  nich  gern  von  Wasser  läben.
Eemal  bin  ich  frieh  um sieben
Vor Erstaunen stehn geblieben,
Weil  finf  männliche  Gestalden -
Sich am  Brunnen  aufgehalden,
Doch  vom  Drinken  keene  Spur,
Durscht  nach  Liebe  war  es  nur.
Samstags,  wenn  im  Kurhaus  Danz,
Dricken  sich  de  Männer  ganz,
Oftmals  naht  der  Damenschaar
Nur  der  eenz’ge  Refrendar,
Herr  Baron  von  Hundelshausen
Danzt,  sich  opfernd,  ohne  Bausen,
Ooch  Herr  Braune  duht  dasselbe,
Braune  walzt  sich  grien  und  gelbe.
Is de  Dänzernot  zu  groß‚ 
Laßt  e  Delegramm  man  los,
Und  von  Hameln  helfend  dann
Rickt  das  Milidähr  heran.  —
Aber  Sonntags  kann  man  finden
Männer,  zahlreich'  wie  de  Linden,
Weil  der  Ehemännerzug
Eine  Menge  här  da  drug.
Aus  der  Großstadt  und  vom  Lande
Naht  auch  schneidig  der  Bassante,
Doch am wohlsten  fiehld man sich
In  der  Woche  under  sich.
Daß  so  knapp  der  Männer  Zahl,
Freit  en  jeden  kolossal;
Weil  der  Männ  als  Egoist
Berle  gern  im  Golde  ist.
Ooch  soll  niemand  etwa  denken,
Daß  de  Damen  sähr  sich  kränken
Weil  se  wenig  Männer  sähn,
Nee  conträhr,  sie  findens  scheen.
Herrscht  de  Frau‚  daß  weiß  man  schon
Dann  herrscht  auch  der  gude  Don. 
                                    .
Das  is  Pyrmonts  Eigenart:  —
Gute  Sitte  bleibd  gewarht;
Unbelästigt  unschenirt
Ooch de  Jingste  hier  spaziert.
Mag  der  Fortschritt  vorwärts dreiben.
Darin  laßt's  beim Alten  bleiben,
Is der Abend warm und drocken,
Macht sich alles auf die Socken
Den  Concertplatz  rund  herum
Läufts  verährte  Bublikum.
Manches  Jinglings  Herz  wird  schwär,
Blicke  schmeißt  man.  hin  und  her;
Müde,  die  auf Bänken  sitzen,
Üben  sich  in  krit'schen  Witzen.
Wenn  die  Melodie  recht packd.
Wiegen  alle  sich  im Dackt
Und  der ganze Menschenhauf
Stellt  sich  vor'm  Orchester  auf,
Bei dem  Baume, wo's  Programm‚
Stehn  die  Endusjasten  stramm,  —  —
Hier  und  da  wird  räsoniehrd:
„'s wird  zu  wenig  musizird“,
Andre  seifzen  dicht  derbei:
„Ach  de  ew’ge  Dudelei!“
Ein'ge  schimpfen  wie  nach  Noten:
„’s    wird  ooch  gar  nischt  hier  geboten"
Viele  fiehlen  sich  gestehrd
Durch  das  Simfonieconcert; —
Allerwärts  dieselben  Sachen,
Jedem  ist's  nicht  recht  zu  machen;
Freilich  wird  im  nächsten  Jahr
Manches  besser  ganz  und  gar.
Daß  de‘  Nummern vom  Konzert
Jeder  ganz  nach  Wunsche  hört,
Fährts  Orchester-Bodium.   
Egal  dann  auf  Rädern  rum.
Die Musik beginnt um Viere
Grade vor der Kurhaus Diehre
Bei der zweiten Nummer dann
Rutscht se bis zu Bermann ran,
Nachdem zu 'ner andern Stelle
Nummer fünf: Helenenquelle
Endlich wird bei Nummer acht
Sie zum Bomberg raufgebracht.
Die was extra zahlen wollen,
Könnens in de Wohnung rollen. -  -
Döhnt um 10 der Schlußaccord,
Bläst's im Nu de Leite fort
Ein'ge nur dreibt Sähnsuchtsweh
Zur verwaisten Hauptalleeh,
Wo man dann voll Biehdäd
Zweemal auf und nieder gehd.
Wer halb Elfe laud noch lachd,
Wird zum Staatsanwald gebrachd.
Daß de Kur nich läud Gefahr,
Sin des Hauses Schlissel rar,
Kneibst de, geh solid nach Haus,
Sonst sperrt dich de Wirtin aus.
Quillt mal wochenlang der Regen,
Ist es glitschig auf den Wegen
Wirds Dheater wertgeschätzt,
Schnell was extra angesetzt,
Bricht Gewitter draußen rein,
Schlagen drinn de Sticke ein - -
Hat 'ne Dame vier, sechs Wochen
Stahl geschluckt, Ozon gerochen,
Daß de Nerven sin gestähld
Und kee alter Schmerz mehr quält,
Läßt se schnell de Waage kömmen;
Merkt se, daß se zugenommen,
Zahlt se Miete, schreibt nach Haus
Nimmt der Wirtin Blumenstrauß
Hat man ooch nich harmoniert,
Jetzt is alles dief geriehrt.
Mindestens der Damen zehne
Nahen sich zur Abschiedsszene:
„Nee, ich kann nicht länger bleiben,
Bitte Ansichtskarten schreiben!"
Jede eenzeln giebt en Kuß
Schnupfduchwedeln, Drähnenguß.
Scheidend klingts :„Pyrmont war scheen,
Nächstes Jahr auf Wiedersehn!"




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