Schlossstraße 16: Gasthaus Drüge - Altes Zollhaus







Vor 170 Jahren – im Jahr 1855 – war das Gebiet des heutigen Deutschlands noch ein Flickenteppich aus zahllosen Grenzen, an denen bunt uniformierte Soldaten Zoll erhoben. Auch in Bad Pyrmont gab es zwei Zollstellen mit Schlagbäumen: eine an der Dringenauer Mühle, die man im Volksmund auch "Vogelbauer" nannte, und die andere an der Straße nach Lügde, unweit des alten Pyrmonter Schlosses, die heute Emmerstraße heißt und um die es in diesem Beitrag geht.
Direkt gegenüber der späteren Gastwirtschaft Drüge stand damals ein kleines Diensthäuschen. Hier kassierte der Zollpächter August Georg Bonhagen Chausseegeld, eine frühe Art von Straßennutzungsgebühr, sowie andere Abgaben und bediente den Schlagbaum. Bonhagen, der Großvater von Paul Drüge sen., betrieb vor 170 Jahren hier auch eine konzessionierte Branntweinstube. Außerdem war es Aufgabe des Zöllners, das fahrende Gesindel nicht nach Pyrmont hineinzulassen. Die Branntweinstube ging jahrelang mehr schlecht als recht, und erst eine Raumvergrößerung ermöglichte es ihm zwölf Jahre später, nach dem Umzug in das gegenüberliegende Haus Nebelsieg, eine größere Gastwirtschaft einzurichten.
Als um 1870 die Cholera in Lügde wütete und der Verkehr mit der Außenwelt streng überwacht wurde, bot Bonhagen den Reisenden einen Schnaps an, der bald scherzhaft „Cholera-Bitter“ genannt wurde.
1871 fielen die Zollgrenzen, aber bis 1898 kassierte Bonhagen noch das Chausseegeld. Im Jahr 1880 heiratete die Tochter August Bonhagens den Kaufmann August Drüge aus (Bad) Pyrmont, woraufhin die Gastwirtschaft fortan den Namen „Drüge“ und der „Cholera-Bitter“ den Namen „der Drügische“ erhielt, der noch viele Jahrzehnte von Stammgästen nachgefragt wurde. Im Jahre 1934/35 wurde vergrößert. Als Paul Drüge senior 1954 verstarb, führten seine Frau Dora Drüge, geb. Buschardt, und ihr Sohn Paul Drüge jun., gelernter Bäcker, die Gaststätte weiter. 1995 übernahm das Ehepaar Hajo und Heidrun Umbreit aus Berlin das Gebäude und gab dem 10-Betten-Hotel mit Restaurant und Biergarten geschichtsbewusst zwei Jahre später den Namen "Das alte Zollhaus". Ende 2019 wurde das Alte Zollhaus geschlossen und das Gebäude 2024 abgerissen. Was bleibt, ist die Erinnerung an „die besten Schnitzel ever und den Cholera-Bitter im Nachgang", der vielleicht vielen Gästen das Leben rettete.
Quellen: Archiv des Museums im Schloss und Dewezet-Archiv