Der Tunnel - Mythos oder Wahrheit
In letzter Zeit kam in einigen Posts immer wieder die Frage zum Schlosstunnel auf.
Nachdem ich im letzten Jahr ( der eine oder andere wird sich erinnern ) dem Tod von der Schippe sprang, aber nach vielen, vielen Jahren der Unsicherheiten, Ängsten und Selbstzweifeln, habe ich mich entschlossen, mein Schweigen zu brechen.
Aber nun von Anfang an...
Wie schon berichtet, jobbte ich Ende der 70er Jahre im alten Kurhotel als Nachtportier. Vor Übernahme der Nachtschicht, gehörte es zu meinen Aufgaben, die Hotelgänge, den Betriebshof und die Kellerbereiche zu kontrollieren. Schon am 2ten Tag begegnete ich im Halbdunkeln der Gänge einer geisterhaften Gestalt, groß, schlank und sehr elegant, mich anscheinend nicht wahrnehmend. Als ich mich noch einmal umwandte, war sie verschwunden. Als ich der Tagschicht den mysteriösen Vorfall berichtete, sagte man mir, das könne nur der Kurdirektor Heinz Gustav Wagener gewesen sein, der hier ein Zimmer habe. Ich konnte dem aber kein Glauben schenken.
Welch Schreck fuhr mir aber am nächsten Abend in die Glieder. Wiederum erschien die Gestalt und verschwand so plötzlich, wie sie kam. Dann, kurze Zeit später, sah ich sie in den Katakomben des Hotels, hinter einer Tür verschwinden, die mir bisher bei meinen Rundgängen nie aufgefallen war. Von Neugier getrieben versuchte ich zu folgen, aber die Tür war verschlossen.
Ich konnte einfach nicht anders, am nächsten Abend verschaffte ich mir mittels eines Dietrichs Zugang. Ein entfernter Fackelschein tauchte den, dahinter liegenden, Gang, in ein diffuses Licht. Zuerst ging es Richtung Norden und dann abrupt ( muss im Bereich des Heiligen Anger Bades gewesen sein ) nach Südwest. Was ich für Fackelschein gehalten hatte, entpuppten sich nun als Gaslaternen. In nunmehr helles Licht getaucht. Der Boden belegt edlen Marmorplatten aus Solnhofen und an den Wänden wunderschöne, handgefertigte Kacheln, bemalt mit Heimat und Schlossmotiven.
Es ging nun merklich einige Meter in die Tiefe. Nach geschätzten 100 Metern eröffnete sich dann eine Halle. Für mich erweckte sie den Eindruck eines kultischen Raums. An der Hauptwand eine Art Tempel mit Säulen, Dach, Treppe. In der Mitte ein riesenhaftes Bett mit derangierten Kissen und Laken, eindeutig zeremoniellen Zwecken dienend. Das ganze angestrahlt von einer Art Sonne, auf einer 2 Meter hohen Pyramide sitzend. Da aber die Zeit drängte, beschloss ich den Gang bis zum Ende zu folgen, und ansonsten am nächsten Tag zurückzukehren. So ging es nach kurzer Strecke nach oben, mit dem Dietrich wiederum eine kleine Tür geöffnet, dann durch eine winkelige Nische stehe ich in einem Gewölbegang. Nach links ist er verschüttet, also weiter nach rechts. Aber alles sehr tief gebückt, fast kriechend, da der Gang sehr niedrig ist. Dann ein Rund mit seitlichen, ich vermutete, Kasematten. Eine Wendeltreppe führt nach oben. Dort ein muckeliges Kaminzimmer mit Laternen.
Verwundert stelle ich fest, dass ich mich in der Eckbastion des Schlosses befinde. Nun aber schnell zurück, damit ich rechtzeitig zur Dienstübernahme erscheine.
Tags drauf will ich nun die geheimnisvolle Halle genau untersuchen, aber die Tür zum Gang ist nicht mehr zu finden. Da das Schloss, von der Brücke aus, immer verschlossen ist, versuche ich die Eckbastion, durch den Kurpark, über die Brücke über die Schwaneninsel zu erreichen. Aber auch dort alles verriegelt. Ich versuchte dann im Nachhinein dennoch herauszufinden, ob ich das geträumt habe. Überall, wo ich fragte, wusste niemand etwas, oder stieß, wie im Schloss Arolsen, auf eine eisige Mauer des Schweigens. Dann aber, ich hatte schon nicht mehr daran geglaubt, der Durchbruch. Ein Greis steckt mir 2 Fotos zu. Sie zeigen die Neubauarbeiten des Kurhauses im Bereich Heiligenangerbad, um 1905. Er warnt mich, dass das Wissen um diese Bilder aber sehr gefährlich sei. Unter den Holzbrettern sei der Zugang zu einem verborgenen Gang gewesen, aber keiner der Bauarbeiter würde noch leben. Sein Vater, einer der Arbeiter, habe ihn noch auf dem Totenbett vor diesen Herrn im schwarzen Mantel und Hut gewarnt. Seine letzten Worte habe wie Illuminaten geklungen. Kurze Zeit später bemerkte ich, dass ich verfolgt wurde und stellte daraufhin meine Nachforschungen lieber ein.
Trotzdem holte mich die Vergangenheit ein paar Jahre später wieder ein. Während der Sanierung des Schlosses, Mitte der 80, arbeitete ich bei der Fa. Opitz und Lechner. Man hatte mittlerweile den Gang zur Eckbastion wieder freigelegt. Durch diese Arbeiten waren Teile einer Nische eingestürzt. Meine Aufgabe war nun, diesen Einbruch bündig mit der Tunnelwand zu vermauern. Ihr lieber Leser könnt euch mein Entsetzen vorstellen, als ich die Nische erkannte. Ich führte die Mauerarbeiten daraufhin so aus, dass auch in Zukunft niemand die Stelle finden wird.
Nur bei Frank Schlutter muss ich um Verzeihung bitten, da ich ihm die Lage der Mauerarbeiten bei einem Rundgang zeigte. Mein lieber Frank, es tut mir leid, dass ich dich damals über die wahren Umstände belogen habe und du nunmehr die Bürde über das geheime Wissen der Verortung des Tunnels tragen musst.
Auch wenn ich fürchte, dass ich wieder in Angst leben muss, war es mir doch wert, dass spätere Generationen nicht mehr über den Mythos Tunnel spekulieren müssen
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Ps. die Spukgestalt ist, nach Verschwinden der Tür, nie wieder aufgetaucht.
(Erinnerung von Dieter Rosenbaum 09/2022)