Neersen: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 31. Oktober 2024, 20:32 Uhr
1263
Der heutige Bad Pyrmonter Ortsteil Neersen auf der Ottensteiner Hochebene gehörte im Spätmittelalter zum Einflussbereich der Grafen von Everstein, die die seit etwa Mitte des 13. Jahrhunderts überwiegend die politischen Verhältnisse im Weserraum mitbestimmten. Bereits im Jahre 1263 wird ein Priester Dietrich von Nedersen urkundlich erwähnt, der mit als Zeuge bei der Übertragung von Gütern des Grafen Hermann von Everstein und seiner Gemahlin Hedwig an das Kloster Falkenhagen auftritt.
1276
Das Kirchspiel Neersen bildete seit jeher den kirchlichen Mittelpunkt für die fünf Pyrmonter Bergdörfer Baarsen, Eichenborn, Großenberg, Kleinenberg und Neersen. Das Kirchspiel wird schon im Jahre 1276 in den Urkunden erwähnt, als die Grafen Adolf und Albert von Everstein die Schenkung ihres verstorbenen Bruders Wedekind in Bezug auf den Zehnten zu Honroth (Wüstung nahe Wörderfeld/Vahlbruch) im Kirchspiel Nedersen ebenfalls an das Kloster Falkenhaben bestätigen. Das Kirchspiel Neersen war im Spätmittelalter eine wichtige Grenzparochie und verwaltungsmässig dem Archidiakonat Ohsen an der Weser zugeordnet.
1393
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts konnten die Grafen von Pyrmont ihren Einfluss auch auf bis zu 376 m ü. NN gelegene Ottensteiner Hochebene ausdehnen. Im Jahre 1393 erhielten die Pyrmonter Grafen die Burg Ottenstein von Graf Hermann von Everstein als Pfandbesitz. Die Burg Ottenstein diente seit dem Ende des 12. Jahrhunderts als zentraler nordöstlicher Stützpunkt der Eversteiner und wurde vermutlich unter Graf Otto VIII. erbaut.
1460
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts starb das Eversteiner Grafenhaus aus und ihr Besitz ging an die Welfen über. Herzog Bernhard von Braunschweig-Lüneburg bestätigte die Pyrmonter Pfandinhaberschaft am Haus Ottenstein und belehnte zudem Graf Moritz von Pyrmont 1460 mit den Dörfern „Nedersen, Glesse und Ludeborn mit allem Zubehör“. 1495 1495
1495
Ein Jahr nach dem Tod von Graf Moritz von Pyrmont 1494 in der Residenzstadt Lügde und dem damit verbundenen Aussterben des Pyrmonter Grafenhauses verblieb Ottenstein auch weiterhin bei Pyrmont, als durch die welfische Erbteilung 1495 Herzog Erich d. Ä. von Calenberg das Amt Ottenstein übernahm. Mit der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1522) kam das Amt Ottenstein dann aber an seinen Bruder Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg, zugleich auch Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, der 1516 Ottenstein einnahm und die Pyrmonter Pfandinhaberschaft in gewaltsamer Manier beendete. Als neuer Pfandherr des Amtes Ottenstein fungierte von nun an der Marschall Hermann von der Malsburg 1520 1520 1520
1520
Für den Welfen Herzog Heinrich dem Jüngeren bot sich nach dem Tod von Graf Moritz von Pyrmont und der sich anschließenden 31jährigen ungeklärten Pyrmonter Erbnachfolge um die Grafschaft Pyrmont zwischen den Edelherrn zur Lippe und den Grafen von Spiegelberg eine günstige Gelegenheit zur Ausdehnung seines Einflussbereiches auf die westliche Seite der Ottensteiner Hochebene. Im Jahre 1519 zog er während eines Rittes einen neuen Grenzverlauf und nahm die bis dahin zu Neersen gehörende Feldmarkt Lichtenhagens und die „unbebauten“ Dörfer Glesse und Ludenborn für sich in Anspruch. Dies löste einen heftig geführten Grenzkonflikt zwischen dem Amt Ottenstein und den Grafen von Spiegelberg aus, der von 1520 bis 1549 das tägliche Leben auf der Ottensteiner Hochebene erheblich beeinträchtigte. Die sich immer weiter zuspitzenden Auseinandersetzungen wurden sind vom damaligen Pyrmonter Amtmann Johann Seiler im „Copiar des Dorfes Nederssen“ ausführlich dokumentiert worden.
1536
Die heute zur ev.-luth. Kirchengemeinde Bad Pyrmont gehörende Pauluskirche Neersen wurde im Jahre 1536 erbaut. In einem Brief des Pyrmonter Amtmannes Johann Seiler im „Copiar des Dorfes Nederssen“ ist der Neubau der Kirche dokumentiert. „Als die von Nederssen ire Kirchen bauwhen wollen, haben sie in der Langen Grundt einen Kalkofen gebrent, welchs die Ottensteinischen nit gern leiden wollen, und hat derhalb des Marschalls Frauw an meinen gnädigen Herrn von Spiegelbergk um Abschaffung desselben geschrieben.“ Es ist davon auszugehen, dass die neue Kirche den Einwohnern des Dorfes Neersen neben den kirchlichen Aspekten auch besonderen Schutz vor weiteren Ottensteiner Übergriffen bieten sollte. Gleichzeitig konnte Graf Friedrich von Spiegelberg mit dem Kirchenneubau seinen Herrschaftsanspruch auf die westliche Seite der Ottensteiner Hochebene sinnbildlich untermauern. Noch heute ist an der Südseite der Pauluskirche eine Steintafel mit der Jahreszahl 1536 und einem Wappenschild mit dem „schreitenden Hirsch“ als Wappen der Grafen von Spiegelberg zu sehen.
1537
Nach dem Tod von Graf Friedrich von Spiegelberg und der Übernahme der Grafschaft Pyrmont durch seinen noch minderjährigen Sohn Philipp nahmen die Streitigkeiten zwischen dem Amt Ottenstein und den Grafen von Spiegelberg nicht nur zahlenmäßig zu, sondern sie wurden auch immer heftiger und hitziger geführt. Der neue Lehnsinhaber in Ottenstein, Hermann von der Malsburg, bekannte 1538 in einem Brief, dass er von Herzog Heinrich den Befehl erhalten habe, das Dorf Neersen mit allen Zugehörigkeiten einzunehmen. Johann Seiler bemühte sich beinahe über ein Viertel Jahrhundert lang die Rechte seines Landesherrn den Grafen von Spiegelberg an dem Dorf Neersen auf diplomatischen Wege einzufordern und den alten mittelalterlichen Grenzverlauf des Dorfes mit den Holz- und Feldmarken Lichtenhagens, der Glesse und des Ludenborns wieder herzustellen. Im Grunde war dies der politische Hintergrund der Grenzfehde, die vor Ort zwischen Ottenstein und Neersen so heftig und emotionsvoll geführt worden war. Da weder Neersen noch die Glesse in Braunschweig-Wolfenbüttler Lehnsregistern des 14. Jh. genannt sind, hatte Herzog Heinrich der Jüngere praktisch keinen Rechtsanspruch auf die Braunschweig-Lüneburger Lehen Neersen, Glesse und Ludenborn. Nur der großen Gegenwehr der Neersener Einwohner und dem Engagement von Johann Seiler war es zu verdanken, dass zumindest das Dorf Neersen für die Herrschaft Pyrmont erhalten blieb.
1557
Nach dem Tod von Graf Philipp, der mit jungen Jahren 1557 in englisch-französischen Kriegsauseinandersetzungen in der Schlacht von St. Quentin in Frankreich verstarb, übernahm Graf Hermann Simon zur Lippe die Herrschaft in Pyrmont. Er hatte sich mit der Schwester Philipps, der Gräfin Ursula von Spiegelberg und Pyrmont vermählt, um doch noch in den Besitz der beiden Grafschaften Spiegelberg und Pyrmont zu kommen. Der Ehevertrag wurde in der alten Residenzstadt Lügde 1558 unterzeichnet. Hermann Simon erlangte die Einwilligung der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg zur Erwerbung des Spiegelberger Lehens, aber erst nach langen Verhandlungen erhielt er auch die Grafschaft Pyrmont. Hermann Simon, der mit seinem Bruder Bernhard zur Lippe (VIII.) die größtenteils an der linken Weserseite zwischen Holzminden und Hameln gelegenen zerstreuten braunschweigischen Lehnsgüter übernahm, brachte praktisch als Mitgift die beiden „Braunschweiger Dörfer“ Neersen und Baarsen mit in die Ehe und gliederte sie der Grafschaft Pyrmont an
(WW)
(In Bearbeitung)